Adlersberg, David – Internist an der I. medizinischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus Wien und Clinical Professor of Medicine an der Columbia University
Text: Walter Mentzel
David Adlersberg wurde am 23. Juli 1897 als Sohn von Viktor Adlersberg (1876-1961) und Dwora, geborene Belzer (1870-?), in Rohatyn in Galizien (heute: Ukraine) geboren. Seit 1929 war er mit Gisela Magasanik (*26.4.1904 Berditschew/Russland, heute: Berdytschiw/Schytomyr/Ukraine, gest. 1997) verheiratet, mit der er die Tochter Margarethe (*13.2.1932 Wien) hatte.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Wien studierte er an der Universität Wien Medizin und promovierte am 22. März 1921. Danach war er bis 1936 an der I. Medizinischen Klinik des AKH Wien zunächst als Assistent unter Prof. Karl F. Wenckebach (1864-1940), von 1929 bis 1933 als Mitarbeiter von Prof. Otto Porges (1879-1967), und seit 1933 von Prof. Hans Eppinger (1879-1946), tätig. 1921 eröffnete er eine Arztpraxis in Wien,[1] 1922 trat er als Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin in Wien bei.[2] Weiters war er Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien.
Im Mittelpunkt seiner Forschung standen Fragen der Stoffwechselpathologie – insbesondere der Diabetes mellitus und die Hypercholesterinämie. Zudem beschäftigte er sich mit Leberfunktionstests und der Gallensekretion. Im Wiener Archiv für innere Medizin publizierte er 1924 mit Otto Porges „Die neurotische Atmungstetanie, eine neue klinische Tatanieform“[3] und 1925 mit E. Neubauer „Über die therapeutische Verwendung der Dehydrocholsäure bei fieberhaften Erkrankungen der Gallenwege“.[4]
Seine mit Otto Porges unternommenen Forschungen zum Insulin und die von ihnen entwickelten Behandlungsmethoden und eine Diabetes-Diät veröffentlichte er gemeinsam mit Porges 1929 in einer 377 Seiten starken Studie unter dem Titel „Die Behandlung der Zuckerkrankheit mit fettarmer Kost“. 1930 veröffentlichten beide den Aufsatz „Beobachtungen bei Diabetes inspidus“.[5] 1932 stellten Adlersberg und Porges ihre Forschungs- und Therapieergebnisse am 11. Stoffwechselkongress in Wien vor.[6]
Der Tag, 12.10.1932, S. 6.
In der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befinden sich weitere Arbeiten von David Adelsberg.
Nachdem er bereits 1931 eine Einladung an das Mount Sinai Hospital in New York erhalten hatte, sowie im September 1934 bei einer Reise in die USA wissenschaftliche Kontakte knüpfen konnte, und er sich von dem sich den Nationalsozialismus annähernden Vorgesetzten Eppinger entfremdete, emigrierte er am 22. April 1936 mit seiner Familie über Le Havre mit der SS Champlain nach New York. Zuvor hielt er noch Anfang April 1936 seinen letzten Vortrag in der Gesellschaft der Ärzte in Wien zum Thema „Ein neues Insulin“.[7]
New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946, Petitions for naturalization and petition evidence 1942 no 407101-407450
In New York arbeitete er zunächst am Mount Sinai Hospital als Attending Physician/Clinical Assistant der Medical Division und als Research Assistant am Department of Chemistry und danach als Chefarzt der Sektion Clinical Nutrition und Metabolic Diseases. 1952 wurde er zum Leiter des Nutrition Laboratory ernannt. Daneben lehrte er als Assistant Clinical Professor of Medicine an der Columbia University, College of Physicans and Surgeons in New York und war als Konsiliararzt für Gastroenterologie am Beth Israel Hospital und am Seton Hospital tätig. Adlersberg war Mitglied der American Gastro-Enterological Association und der Endocrine Society und Fellow des American College of Physicians. In den USA publizierte er in führenden Fachzeitschriften zum Cholesterinstoffwechsel, zum Diabetes mellitus, zu Fragen der Malabsorption, zur Sprue sowie zum Postgastrektomie Syndrom.
David Adlersberg verstarb am 10. Jänner 1960 in New York. Seinen Eltern, die wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. gelang die Flucht aus Österreich nach England, von wo sie in die USA emigrierten und im Februar 1939 New York erreichten.
Literatur:
Porges, Otto und David Adelsberg: Die Behandlung der Zuckerkrankheit mit fettarmer Kost. Berlin und Wien: Urban & Schwarzenberg 1929.
[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 58022]
Quellen:
Matriken der IKG Wien, Trauungsbücher, 1929, Adlersberg David, Magasanik Gisela.
UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-0772, Adlersberg David (Nationalien Datum 1918/19).
UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 192-0517, Adlersberg David (Promotion 22.3.1921).
UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 196-009, Adlersberg David (Rigorosum 26.6.1920).
Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957; (National Archives Microfilm Publication T715, roll 5795; Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85).
New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946, Petitions for naturalization and petition evidence 1942 no 407101-407450; (NARA microfilm publication M1972, Southern District of New York Petitions for Naturalization, 1897-1944. Records of District Courts of the United States, 1685 – 2009, RG 21. National Archives at New York), Adlersberg David.
United States Deceased Physician File (AMA), 1864-1968; American Medical Association, Chicago, Adlersberg David.
George B. Jerzy Glass, In Memoriam David Adlersberg, 1897–1960, in: Proceedings of the Rudolf Virchow Medical Society in the City of New York, 19 (1961), S. 22–27.
Sobottka H., In Memoriam: David Adlersberg, 1897–1960, in: Journal of The Mount Sinai Hospital, New York, 27 (July–August 1960), S. 379–381.
Popper H. David, Adlersberg 1897–1960, in: Gastroenterology, 39 (Juli 1960), S. 111–112.
Gedenken & Erinnern. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin in der Zeit des Nationalsozialismus. David Adlersberg: https://www.dgim-history.de/biografie/Adlersberg;David;1027
Keywords:
Adlersberg David, Allgemeines Krankenhaus Wien, Diabetes, Wien, Medizingeschichte, Arzt
[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 41, 1921, Sp. 1783.
[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 5, 1922, Sp. 232.
[3] Wiener Archiv für innere Medizin, Hauptteil 1, 1924, S. 185-238.
[4] Wiener Archiv für innere Medizin, Hauptteil 1, 1925, S. 59-70.
[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 21, 1930, S. 687-694.
[6] Der Tag, 12.10.1932, S. 6.
[7] Der Tag, 4.4.1936, S. 6.
Normdaten (Person) Adlersberg, David: BBL: 40419; GND: 1280160128;
Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 40435 (02.02.2023); Letzte Aktualisierung: 2023 0202
Online unter der URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=40435