Ulrich, Franz Xaver – Leiter der Chirurgischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, Direktor der Rudolf-Stiftung, Sanitätsreferent im Ministerium des Inneren
Autor: Dr. Walter Mentzel
Published online: 24.03.2025
Keywords: Chirurg, Gynäkologe, Rudolf-Spital, Sanitätsreferent im Ministerium des Inneren, Medizingeschichte, Wien
Franz Xaver Ulrich wurde am 17. November 1816 in Mährisch-Trübau als Sohn des Tuchmachers Adalbert Ulrich und Katharina, geborene Schnadisch, geboren. Seit 1857 war er mit Carolina Maria Kovaeswies, geborene Damm, verheiratet.
Ulrich begann, nachdem er das Gymnasium in Leitomischl in Böhmen (heute: Litomyšl/Tschechien) und die philosophischen Studien in Brünn absolviert hatte, im Wintersemester 1834/35 an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er am 14. Dezember 1841 mit seiner Promotion zum Doktor der Medizin und seiner Dissertation „De urodialysi“ abschloss. Danach erwarb er 1842 ein Magisterium der Geburtshilfe und promovierte 1844 zum Doktor der Chirurgie. Seit 1843 ließ er sich bei Joseph Freiherr von Wattmann-Maelcamp (1789-1866) am seit 1807 bestehenden Operateur-Institut am AKH zum Chirurgen ausbilden, und erwarb hier 1845 das Diplom eines Operateurs. Von 1845 bis 1849 war er als Sekundararzt an der chirurgischen Abteilung von Primararzt Anton Heger (1785-1851) und von 1849 bis 1857 zunächst als supplierender Primararzt, danach als Abteilungs-Vorstand an der IV. Chirurgischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien tätig.[1] Von 1858 bis 1864 arbeitete er als definitiver Primararzt auf der II. Chirurgischen Abteilung des AKH.
Während dieser Jahre am AKH beschäftigte er sich mit verschiedensten medizinischen Themen wie der Zahnheilkunde, wozu er 1851 den Aufsatz „Über feste Neubildungen in der Zahnhöhle“ veröffentlichte oder Knochenbrüche, zu denen er 1855 „Guttapercha-Verbände bei Knochenbrüchen“ publizierte. In den 1850er und 1860er Jahren erschien von ihm ein Reihe von Arbeiten zur gynäkologischen Chirurgie, darunter zur Operation von Blasen-Scheiden-Fistel. Dazu hielt er erstmals im November 1856 einen Vortrag in der Sektions-Sitzung für Physiologie und Pathologie an der Gesellschaft der Ärzte in Wien, den er unter dem Titel „Über eine Blasenfistel neben Verwachsung der Scheide“ veröffentlichte.[2] Ab 1863 folgte in der Zeitschrift der Gesellschaft der Ärzte seine mehrteilige Aufsatzreihe „Operation der Blasen-Scheidenfistel“,[3] und „Ein Einstellungsapparat zur Operation der Blasenscheidenfistel“,[4] 1864 „Operirte Blasen-Scheiden-Fistel“,[5] 1865 „Operierte Blasen-Scheiden-Fisteln“,[6] 1866 „Operirte Blasen-Scheiden-Fisteln“.[7] Ein weiteres Arbeitsfeld war die Narkose und Anästhesie, zu der er 1857 den Aufsatz „Ueber Lebensrettung bei Asphyxie nach Chloroform- oder Aether-Einathmung“ publizierte und sich darin mit Maßnahmen zur Wiederbelebung wie der Herzdruckmassage auseinandersetzte.
Im Jahr 1864 wurde er zum Medizinalrat ernannt und im selben Jahr übernahm er die Direktion der neu gegründeten Krankenanstalt Rudolph-Stiftung, wo er auch als Leiter der gynäkologischen Abteilung vorstand.[8] Nachdem er 1868 eine Berufung als Nachfolger von Franz Schuh (1804-1865) an die II. Chirurgische Klinik im AKH abgelehnt hatte, wurde er zunächst zum provisorischen Leiter des Sanitätsdepartements im Ministerium des Inneren und 1870 zum leitenden Sanitäts-Referenten im Ministerium des Inneren bestellt.[9] Zeitgleich erfolgten seine Ernennung zum Ministerialrat. In dieser ministeriellen Funktion vertrat er Österreich bei internationalen Konferenzen wie jener 1872 zur Bekämpfung der Rinderpest[10] und 1874 auf der internationalen Sanitäts-Konferenz in Wien zur Cholera.[11] Dieses Amt bekleidete er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1876.
Ulrich trat 1854 als Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien ein, 1857 erfolgte seine Aufnahme in das Medizinische Doctoren-Kollegium,[12] weiters war er Ehrenmitglied der Gesellschaft der Ärzte in Czernowitz. Er war seit 1866 Träger des Franz Josefs-Ordens, erhielt 1867 den Königlich Sächsischen Albrechts-Orden,[13] 1875 den Kaiserlich-Ottomanischen Medjidie-Orden und 1876 den Russischen Annen-Orden. Weiters war er Gründer und Mitglied des Unterstützungs-Vereines für Witwen und Waisen der Mitglieder des Doctoren-Kollegiums und unterstützte den Asyl-Verein der Universität Wien.
Franz Ulrich verstarb am 22. August 1893 in Wien.
Quellen:
Matriken der Erzdiözese Wien, Rk, 7, Altlerchenfeld, Trauungsbuch, Sign. 02-09, 1857, Folio 21, Ulrich Franz Xaver.
Matriken der Erzdiözese Wien, Rk, 19, Döbling, Sterbebuch, Sign. 03-06, 1893, Folio 201, Ulrich Franz.
Mittheilungen des Wiener medicinischen Doctoren-Collegiums, Nr. 19, 1893, Nachruf: Franz Ulrich.
Literatur:
Ulrich, Franz: De urodialysi. Dissertation. Wien: typ. Ueberreuter 1841.
[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-72/3]
[Zweigbibliothek für Zahnmedizin/Sign.: V-1124]
[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 28823]
[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]
Referenzen:
[1] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 29.12.1857, S. 232.
[2] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien, 1857, S. 34-40.
[3] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien, Bd. 1, 1863, S. 154-156; Bd. 2, 1863, S. 3-19.
[4] Wochenblatt der Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, Nr. 29, 1863, S. 225-232; Nr. 49; 50; 51; 52.
[5] Wochenblatt der Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, Nr. 23, 1864, S. 217-222; Nr. 24, 1864, S. 236-244.
[6] Wochenblatt der Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, Nr. 50, 1865, S. 397-400; Nr. 51, 1863, S. 405-407; Nr. 52, 1865, S. 413-416.
[7] Wochenblatt der Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, Nr. 1, 1866, S. 1-3; Nr. 2; Nr. 6; Nr. 7; Nr. 9.
[8] Neue Freie Presse, 18.10.1864, S. 9.
[9] Neue Freie Presse, 4.4.1870, S. 4.
[10] Wiener Zeitung, 19.3.1872, S. 1-2.
[11] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 7.7.1874, S. 1.
[12] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 21, 1857, Sp. 399.
[13] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 22.7.1867, S. 3.
Normdaten (Person): Ulrich, Franz : BBL: 46607; GND: 1289056188;
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Letzte Aktualisierung: 2025 03 24