Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [141]:
Richard Sorer – Statistiker und Studienautor von Ludwig Teleky
Text: Dr. Walter Mentzel
Richard Sorer war Studienautor von Ludwig Teleky und 1910 Teilnehmer an dessen Seminar für Soziale Medizin. Sorer wurde am 8. März 1883 in Brünn in Mähren (heute: Brno/Tschechien) als Sohn des Kaufmannes Sigmund Sorer und Elisabeth Kohn geboren. Er studierte Rechtswissenschaften, darunter ein Semester an der Universität München beim Statistiker und Volkswirten Georg v. Mayr (1879-1925), wo er sich mit gesellschaftswissenschaftlichen und statistischen Fragen und Methoden befasste. Nachdem er sein Studium an der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien abgeschlossen hatte, begann er seine juristische Karriere beim Landesgericht und danach bei der Finanzlandesdirektion Wien. Nach seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Verwaltungsdienst widmete er sich wissenschaftlichen Studien und publizierte u.a. eine „Untersuchung über Auslese und Anpassung in einer Wiener Maschinenfabrik“ im Rahmen des Vereins für Sozialpolitik. Im Mittelpunkt seiner Forschungen standen die Erhebungen zur Berufswahl, dem Verhalten in Betrieben und das außerberufliche Leben nach nationalen, konfessionellen und geschlechtlichen Kriterien sowie der beruflichen Herkunft und deren Auswirkungen auf die Berufswahl, der Qualifikation und des Entlohnungssystems. In einer weiteren Studie beschäftigte er sich mit den Anforderungsprofilen und der sozialen Analyse der Beschäftigten in industriellen Großbetrieben und den Auswirkungen auf den Berufsalltag wie u.a. Ermüdungserscheinungen durch gewerbliche Berufsarbeit. Daneben besuchte er die statistischen Seminare des Statistikers und Mitarbeiter der k.k. Statistischen Zentralkommission, Ernst Mischlers (1857-1912).
Auf Anregung von Ludwig Teleky führte Sorer als Teilnehmer am Seminar für Soziale Medizin eine Studie zur “Militärtauglichkeit nach Stadt und Land“ durch, die er 1910 publizierte:
[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 61362]
1912 erschien von ihm die Studie „Untersuchungen über Auslese und Anpassung der Arbeiter“ in den Schriften des Vereins für Sozialpolitik sowie in der Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, in der er u.a. auf die Gründer der Benachteiligung der Frauenarbeit im Entlohn- und Prämiensystem herausarbeitete.[1]
1911 bewarb er sich wieder um einen Brotberuf und nahm, nachdem er einige Zeit im Finanzministerium arbeitete, die von Ernst Mischlers ihm angebotene Berufung an die Statistische Zentralkommission an. Hier beschäftigte er sich mit Fragen zur Preisentwicklung, der Wirtschaftsentwicklung generell, und nahm noch 1913 an der im Herbst abgehaltenen Tagung des Internationalen statistischen Institutes teil. Im August 1914 rückte Richard Sorer zum Militär ein. Er fiel am 9. September 1914 in Galizien.[2]
[1] Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung. Organ der Gesellschaft österreichischer Volkswirte. Wien: 1912. S. 727-747.
[2] Statistische Monatsschrift (Hrsg. von der k.k. Statistischen Zentral-Kommission). Brünn. H. 1. 1914. S. 740-741.